Im heutigen Interview sprechen wir mit Alex Rodionov aus Düsseldorf – Google Ads Spezialist mit Fokus auf Shopping, Performance Max und datengetriebenes E-Commerce-Wachstum sowie Gründer der Alex Rodionov Beratung. Er erklärt, wie sich KI, neue Gebotsstrategien und moderne Feed-Strukturen auf die Performance von Online-Shops auswirken.
- Alex, bevor wir ins Fachliche gehen: Kannst du uns etwas über deinen Hintergrund erzählen?
Ich bin seit 2013 im Online-Marketing tätig. Angefangen hat alles bei Autodoc, dem größten und bekanntesten Autoteile-Onlineshop in Deutschland. Dort habe ich sieben Jahre lang im Online-Marketing gearbeitet und sehr tiefen Einblick in E-Commerce, datengetriebene Skalierung und internationale Kampagnen bekommen.
Heute unterstütze ich Unternehmen mit meiner Google Shopping Agentur – inklusive Tracking, Setup und laufender Betreuung. Ich betreue sowohl E-Commerce-Shops als auch Lead-Generierungskampagnen und bringe durch meine Zeit im E-Com-Umfeld viel praktische Erfahrung aus echten, großen Accounts mit.
- Wie beurteilst du das Verhältnis zwischen Performance Max und klassischen Shopping-Kampagnen?
Man sieht klar, dass Performance Max über die Jahre deutlich besser geworden ist. Als das Format gestartet wurde, war es noch sehr breit und unpräzise – die Ergebnisse waren oft nicht stabil. Inzwischen lohnt sich PMAX auf jeden Fall, weil der Algorithmus reifer ist und Google deutlich mehr Steuerungsmöglichkeiten bietet.
Ein großer Fortschritt war dieses Jahr die Einführung der auszuschließenden Keywords für PMAX. Das gibt uns endlich mehr Kontrolle und macht die Kampagnenplanbarkeit besser.
Ich empfehle grundsätzlich, beides zu testen. Shopping und PMAX ergänzen sich gut. Oft macht es Sinn, zunächst mit Shopping zu starten, weil PMAX mehr Conversion- und Nutzersignale benötigt, um effizient zu arbeiten. Sobald genug Daten vorhanden sind, gehört PMAX aber in jeden E-Commerce-Account. Gerade im Zusammenspiel entfalten beide Formate ihre Wirkung.
- Viele Händler testen aktuell Asset-Free bzw. Feed-Only Performance Max Kampagnen. Funktioniert das?
Ja, Feed-Only PMAX funktioniert für viele Shops sehr gut. Die meisten Conversions entstehen im E-Commerce ohnehin in der Google-Suche oder über Shopping-Formate. Für viele Shops sind Display- oder Gmail-Platzierungen selten ein relevanter Performance-Treiber.
Deshalb kann ein Feed-Only Setup sinnvoller sein, wenn man sich auf die Shopping- und Search-Komponenten konzentrieren möchte. Gleichzeitig ist es aber auch nicht schlimm, Assets zu pflegen – Google versteht mittlerweile besser, welche Platzierungen Sinn ergeben, und verteilt das Budget sehr fokussiert.
Für Shops, die bewusst weniger Display-Reichweite möchten, ist ein A/B-Test zwischen Feed-Only und normaler PMAX die beste Lösung. Das liefert in der Praxis oft sehr klare Ergebnisse.
- Brauchen Shops überhaupt noch klassische Shopping-Kampagnen?
Aus meiner Sicht: ja. Auch wenn PMAX stärker wird, gibt es weiterhin Fälle, in denen klassische Shopping-Strukturen besser funktionieren – beispielsweise bei Produkten oder Kategorien, die eine sehr kontrollierte Steuerung benötigen.
Shopping-Kampagnen lassen sich granularer aufsetzen, Keywords können stärker beeinflusst werden, und manchmal liefert die Kombination aus manueller Struktur und Feed-Signalen bessere Ergebnisse.
In vielen Accounts starte ich bewusst mit Shopping, weil man damit saubere Daten sammelt und schnell sieht, welche Kategorien funktionieren. PMAX kommt dann später dazu.
- Wie verändert KI die Steuerung von Shopping-Kampagnen?
KI sorgt definitiv dafür, dass vieles automatisierter und schneller wird. Google bietet mittlerweile KI-gestützte Bildanpassungen im Merchant Center an, die künftig sicher auch in größeren Mengen automatisiert möglich sein werden.
Die Kehrseite: Man verliert in manchen Bereichen Kontrolle. KI nimmt einem viel ab, aber man muss trotzdem immer wieder manuell korrigieren oder sauber nachsteuern, damit die Kampagne wirklich effizient bleibt.
KI macht die Verwaltung der Google Shopping Kampagnen einfacher – aber nicht „hands-off“. Gute Setups benötigen immer noch saubere Kontrolle, Feeds, Signale und Datenqualität.
- Google testet derzeit die neue Gebotsstrategie Journey-Aware Bidding. Was bedeutet das für Shops?
Journey-Aware Bidding wurde erst kürzlich angekündigt. Die Idee dahinter ist spannend: Google möchte nicht mehr nur Bottom-Funnel-Conversions berücksichtigen, sondern auch Soft-Conversions und andere Nutzersignale in die Optimierung einfließen lassen.
Theoretisch könnte das zu besserer Skalierung und stabileren ROAS-Werten führen, weil mehr Signale in die Entscheidungsfindung einfließen. Aber: Noch ist die Strategie nicht live. Sobald sie verfügbar ist, werde ich sie definitiv testen, aber ich vertraue neuen Features erst, wenn echte Daten vorliegen. Google verspricht viel – entscheidend sind am Ende die Ergebnisse.
- Welche Gebotsstrategien funktionieren deiner Erfahrung nach am besten?
Wenn ein Shop noch wenig Conversions hat, starte ich fast immer mit Maximize Clicks (mit einer klar definierten CPC-Obergrenze). Dadurch sammelt der Account schnell Daten, ohne dass Google blind optimieren muss.
Sobald es genug Conversions gibt und Google die Zielgruppe besser versteht, wechsel ich auf Maximize Conversion Value oder Target ROAS. Das funktioniert erfahrungsgemäß am stabilsten.
Der Übergang muss aber sauber erfolgen – zu früh auf ROAS zu wechseln ist einer der häufigsten Fehler.
- Wie gehst du bei neuen Kunden an die Kampagnenstruktur heran?
Bei einem neuen Online-Shop starte ich fast immer mit:
Suchkampagnen für die wichtigsten Produkt-Keywords
Shopping-Kampagnen mit sauberer, fachlogischer Struktur
optional ersten Tests für Produktkategorien mit separater ROAS-Steuerung
Erst nach einigen Wochen oder Monaten – sobald ausreichend Daten vorhanden sind – kommt Performance Max hinzu.
Das sorgt für eine stabile Grundlage und verhindert teure „Blindflüge“, die passieren können, wenn man PMAX zu früh startet.
- Viele Shops fragen, ob Google mit PMAX zu viele Platzierungen zusammenfasst. Wie siehst du das?
Die Sorge ist berechtigt. PMAX bedient Search, Shopping, YouTube, Display, Discover, Gmail und Maps in einer einzigen Kampagne – das wirkt erst einmal sehr breit.
Aber: In den meisten Konten, die ich betreue, laufen 95 % des Budgets in Such- und Shopping-Platzierungen. Display und YouTube machen oft nur wenige Prozent aus. Die Kanalleistungsberichte – sofern verfügbar – bestätigen das.
Trotzdem ist fehlende Transparenz weiterhin ein Thema. Deshalb ist eine gute Struktur wichtig, damit man zumindest indirekte Steuerungsmöglichkeiten hat.
- Welche Rolle spielt der Produktfeed heute?
Der Produktfeed ist absolut entscheidend. Ohne saubere Daten sind weder Shopping noch PMAX performant.
Wichtige Punkte:
- korrekte Lieferinformationen
- exakte finale Preise inklusive MwSt. (was in B2B-Shops oft nicht der Fall ist)
- mehrere Produktbilder
- saubere Titel & Attribute
- vollständige Kategorien
Ein guter Feed ist heute die halbe Miete – gerade wenn KI einen immer größeren Anteil an der Ausspielungslogik übernimmt.
- Welche typischen Fehler siehst du in neuen Accounts?
Sehr häufig sehe ich:
- falsche Kampagnenstrukturen
- fehlende oder fehlerhafte Tracking-Setups
- nur PMAX, ohne klassische Shopping- oder Suchkampagnen
- fehlende Strukturierung nach ROAS-Zielen
- falsche Standort-Einstellungen
- keine A/B-Tests
- unzureichender Produktfeed
Viele Probleme entstehen schlicht durch schlechte Grundlagen. Wenn das Setup sauber ist, funktioniert Google Ads deutlich besser.
- Wohin entwickelt sich Google Shopping in den nächsten Jahren?
Google wird noch stärker auf KI setzen – in allen Bereichen. Wir werden mehr Nutzersignale sehen, mehr Automatisierung und mehr datenbasierte Entscheidungsmodelle.
Journey-Aware Bidding ist ein Beispiel dafür, dass Google künftig weiche Signale stärker einbezieht und die Customer Journey vollständiger abbilden will.
Für Händler heißt das:
Tests, Datenqualität und Feed-Optimierung werden immer wichtiger.
Man sollte nicht alles glauben, was Google verspricht – aber man muss neue Features testen und mit Daten bestätigen oder widerlegen.
KI wird die nächsten Jahre dominieren, sowohl in Google Ads allgemein als auch speziell in Shopping und PMAX.


